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Unsere Fahrradtour nach Spanien – 3.000 Km Richtung Sommer

Von Silvia
Rapsfelder in der Schweiz mit den Alpen im Hintergrund

Eine Fahrradtour von München aus nach Spanien, wieso auch nicht? Knappe 3.000 Km liegen vor uns und als wir aufbrechen ist mir ganz flau im Magen. Wir rollen los und nach den ersten paar Kilometern überfährt mich die Realität. So frei, sorglos und ungebunden – wann habe ich mich schon jemals so gefühlt? Dabei gab es so einige Zweifel vor der Reise. Ich habe keine Erfahrung damit, so lange Strecken zu fahren. Wie radelt es sich mit Gepäck? Machen die Knie das mit? Was, wenn alles einfach zu viel wird? Was würde ich denn stattdessen machen? Einfach in der Arbeit bleiben und nichts erleben … Mit diesen Gedanken sind wir aufgebrochen und es war der Wahnsinn! Wenn ihr auch eine längere Fahrradtour oder besser gesagt eine Radreise plant, dann kann ich euch sicher ein paar Anreize geben, warum es sich lohnt.

Fahrradtour von München nach Spanien: Die Idee dahinter

Die Idee dafür kam von meinem Freund Thomas, der bereits mit dem Fahrrad von München nach China gereist ist. Das ganze hat knapp ein Jahr gedauert, in dem er 15.000 Kilometer zurück gelegt hat. Verglichen damit sind die ca. 3.000 Kilometer bis zu unserem Zielpunkt eine Kleinigkeit. Als Zweck-Radler macht mich der Gedanke, jeden Tag 60 – 90 Km zurück legen zu müssen nervös … Gleichzeitig kann ich nicht damit aufhören, daran zu denken und allmählich werde ich auch scharf drauf, es auszuprobieren.

Diese Reise begann bereits bei der Idee, diese Herausforderung anzunehmen. Ich wollte aus meiner Komfortzone heraustreten, etwas machen, das ich mich noch nie vorher getraut habe. Etwas ungewöhnliches und nicht einfach nur irgendwo am Strand abhängen. Ich wollte meinen Körper und meinen Geist fordern und austesten, wie ich mit dieser Situation zurecht komme und ob es überhaupt für mich möglich ist. Zwei Monate waren wir unterwegs und die freie Zeit konnte ich mir durch ein Sabbatical freischaufeln. Das organisatorische war geklärt, im April soll es los gehen. Fehlt nur noch eine Teststrecke, auf der wir ausloten, ob die Ausrüstung was taugt und wie das Fahren mit Gepäckt klappt. Dazu sind wir noch bei Minusgraden zum Tegernsee aufgebrochen und haben dort gezeltet. Danach waren wir gewappnet.

Fahrradtour von München nach Spanien: Planung und Vorbereitung

Wie haben wir die Reise geplant? Zu allererst möchte ich klar stellen, dass ich nicht zu den Menschen gehöre, die alles bis ins Detail geplant haben müssen. Ich bin darüber glücklich, wenn ich genug Freiraum habe, um spontane Entscheidungen möglich zu machen. Da bei mir fest stand, dass ich nach zwei Monaten wieder arbeiten muss, war die Zeit natürlich begrenzt. In erster Linie mussten wir also die zur Verfügung stehende Zeit gut einteilen und mit einem Puffer rechnen.

Der Plan war, täglich im Schnitt 70 Km zurückzulegen. Unser Ziel war Tarifa, das ist die südlichste Stadt Spaniens und gleichzeitig der südlichste Punkt Festlandeuropas. Die Entfernung beträgt ca. 2.600 Km (hinzu kommen noch über 200 Km bis nach Sevilla, von wo aus es wieder zurück in die Heimat gehen wird. Diese Strecke hatten wir noch nicht mit einberechnet, da noch nicht klar war, von wo aus wir dann nach Hause fahren werden). Wenn wir täglich 70 Km fahren, dann brauchen wir bis Tarifa 37 Tage. Hinzu kommen noch Ruhetage und ein Puffer. Auf der Strecke liegen 9 Städte, in denen wir jeweils einen oder zwei Ruhetage einlegen. Grob überschlagen kommen wir also ca. zwischen 46 und 55 Tagen raus, wenn wir wirklich in jeder Stadt zwei Ruhetage machen würden. Da wir gut 61 Tage zur Verfügung haben, sollten wir also gut hin kommen. Hier nochmal die Auflistung etwas übersichtlicher. 🙂

  • Entfernung: 2.600 Km
  • Tagesziel: 70 Km
  • 2.600 Km / 70 Km = 37 Tage
  • Städte, die wir anschauen wollen: 9 Stück
  • Ruhetage pro Stadt: 1-2
  • Insgesamt verfügbare Zeit: 61 Tage
  • Verbrauchte Zeit mit 1-2 Ruhetagen: 46 – 55 Tage
  • Puffer: Mindestens 6 Tage

Dieser grobe Plan hat uns gereicht, da wir ja an manchen Tagen weiter gefahren sind (Das weiteste waren 110 Km) und an manchen Tagen eben kürzer. So konnten wir ganz gut ausloten, ob die Zeit reichen wird und ob das Ganze so umsetzbar sein wird. Als Tagesstrecke haben wir 70 Km gewählt, da diese Entfernung bis zum Tegernsee auch ganz gut ging und aus der Erfahrung heraus ist das eine Entfernung, die man auch ohne großes Training gut bestreiten kann. Unsere Fahrradtour wird also keine sportliche Höchstleistung, stellt für mich aber trotzdem eine Challenge dar. In diesem Artikel könnt ihr lesen, wie ich mich auf diese Radreise vorbereitet habe, damit auch alles rund lief.

Radtour nach Spanien Brücke

Fahrradtour nach Spanien: Das Gepäck

Welches und wie viel Gepäck braucht man für eine solche Fahrradtour? Tatsächlich ist man durch den Stauraum der Fahrradtaschen eingeschränkt, weswegen die Wahl des Gepäcks gut überlegt sein soll. Neben den richtigen Klamotten und der Campingausrüstung soll auch noch das Zelt platz haben und zu schwer darf das Ganze dann auch nicht werden. Hier habe ich grob zusammengefasst, woraus unsere Packliste bestand:

Meine Klamotten

  • 3 Sportshirts
  • 2 Normale Shirts
  • 1 Strickjacke
  • 1 Jeans
  • 1 Trekkinghose mit abnehmbaren Beinen
  • 2 gepolsterte Hosen
  • 1 Fleece-Jacke
  • 1 Regenjacke
  • 1 Regenhose
  • 1 Gamaschen für die Schuhe
  • Unterwäsche und Socken
  • 1 kleine Handtasche
  • 1 Mikrofaser-Handtuch
  • 1 Fahrradhelm

Campingausrüstung

  • Campingkocher und Topf
  • Besteck und Teller
  • Ersatzschlauch und Werkzeug
  • Erste-Hilfe-Paket
  • Zelt
  • Duschzeug und Zahnbürste
  • Sonnencreme
  • 1 Schlafsack
  • 1 Isomatte

Natürlich braucht jeder andere Pflegeprodukte oder Medikamente. Die oben stehende Liste soll euch fürs erste nur einen Überblick geben, was wir im Groben dabei hatten. Wie ihr seht sind die Klamotten in erster Linie funktionell. Für die Ruhetage haben wir natürlich ’normale‘ Klamotten getragen und da wir in den Sommermonaten unterwegs waren, konnten wir auf schwere, gefütterte Kleidung verzichten. Trotzdem bin ich total begeistert von der Fleece-Jacke. Für mich war sie (neben meinem Freund) der wichtigste Begleiter, da ich sowieso immer schnell friere.

Ihr seht also, dass man nicht viel braucht. Die Shirts kann man super am Campingplatz waschen und dann über Nacht trocknen lassen. Den riesigen Koffer können wir auch auf normalen Reisen daheim lassen und so ist es möglich, mit nur wenig Gewicht zu reisen, was schon ziemlich gut ist! Ich glaube, ich hatte insgesamt ca. 12 Kilo Gepäck, was für mich vollkommen ausreichend war.

Fahrradtour nach Spanien: Der Aufbruch

Wie fühlt es sich an, mit dem Fahrrad aufzubrechen und die nächsten zwei Monate erst mal nicht wieder zu kommen? Stressig. Wir haben unsere Fahrkarte gekündigt und müssen diese noch abgeben. Der Zwischenmieter steht vor der Tür und die Gedanken rasen, damit wir auch ja nichts vergessen. Dann endlich der Moment: Wir klippsen die Radtaschen an den Gepäckträger, steigen auf und rollen los. Mein Herz schlägt unglaublich schnell, so ungewohnt und surreal ist diese Situation. Dann verlassen wir an diesem sonnigen Tag München und strampeln an Feldern vorbei. Spätestens jetzt fühlt sich alles so an, als wenn es gut werden muss. Unsere Strecke führt uns an Landsberg am Lech vorbei, wo wir unsere erste Nacht verbringen.

Der erste Morgen auf Reisen beginnt noch etwas schleppend. Die Sonne scheint bereits auf unser Zelt, was wir mit noch umständlichen Handgriffen abbauen. Während die Zeltplane in der Sonne trocknet, gibt es für uns Brot mit Marmelade. Auch das wird Alltag, dass wir uns recht simpel ernähren. Mittlerweile ist das für mich der Inbegriff von Abenteuern geworden. Wir packen alles zusammen und fahren weiter Richtung Schweiz. Auf unserer Reise wollen wir vorrangig auf Campingplätzen übernachten. Alle 5-7 Tage erreichen wir eine Stadt, die wir besuchen wollen. In den jeweiligen Städten wird dann ein Ruhetag eingelegt, für den wir auch eine günstige Unterkunft mieten. Von Unterwegs aus buchen wir die Hotels ein bis zwei Tage im Voraus. Klingt schon komisch, wenn wir sagen, dass wir mal so nach Spanien radeln.

Schwäne Bei Sonnenuntergang

Fahrradtour nach Spanien: Alltag auf dem Fahrrad

Der Alltag bei einer Fahrradtour ist alles andere als aufregend und mit Abenteuern gespickt. Wir stehen auf, packen zusammen und frühstücken. Danach wird erst mal bis mittags geradelt und wir halten an einem Supermarkt, bei dem wir Mittagspause machen und etwas essen. Danach geht es wieder auf den Sattel und wir halten weiter auf den Campingplatz zu, den wir am Vortag herausgesucht haben. Danach kommen wir dort an, bauen das Zelt auf und kochen das Abendessen. Zuletzt fallen wir in den Schlafsack. Am nächsten Tag wieder das Gleiche.

Trotzdem ist das alles andere als langweilig. Wir radeln vor uns hin, unterhalten uns über viele unterschiedliche Themen und haben sehr viel Zeit um über noch mehr nachzudenken. In erster Linie bin ich damit beschäftigt, die Freiheit zu genießen und zu überlegen, wie ich nach dieser Fahrradtour meine Freiheit beibehalten kann.

Thomas auf unserer Fahrradtour nach Spanien

Fahrradtour nach Spanien: Der erste Ruhetag

Nach vier Tagen erreichen wir Schaffhausen, wo wir den ersten Ruhetag in einem Hotel gleich neben dem Bahnhof verbringen. Schaffhausen ist nicht nur die nördlichste Stadt der Schweiz, sondern liegt unmittelbar in der Nähe des Rheinfalls. Dieser zählt zu den drei größten Wasserfällen Europas und lässt sich von Schaffhausen aus gut mit der Bahn oder innerhalb einer dreiviertel Stunde zu Fuß erreichen. Da wir uns die Stadt sowieso ansehen wollen, nehmen wir den Fußweg. Dieser führt durch die Innenstadt, aber auch am Rhein entlang.

Am Rheinfall angekommen, beobachten wir die Wassermassen, die hier 23 Meter in die Tiefe stürzen. In der Mitte ragt eine kleine, felsige Insel hervor, auf der sich einige Besucher tummeln. Unterhalb des Wasserfalls treiben Boote, mit denen die Touristen zwischen Ufer und Felsinsel transportiert werden. Da wir von den letzten Tagen noch etwas geschlaucht sind, verbleiben wir nicht lange und nehmen die Bahn zurück in die Stadt. Unsere Klamotten waschen wir im Waschbecken unseres Badezimmers. Unsere Beine sind noch müde, weswegen wir den größten Teil des Tages auf dem Zimmer verbringen und nur abends noch kurz einen kleinen Rundgang durch die Innenstadt machen. Die Stadt ist überschaubar und strahlt eine Ruhe aus, die mir sehr gefällt.

Felsen zwischen den Wassermassen des Rheinfalls

Fahrradtour nach Spanien: Durchhänger

Wir packen unsere Sachen und bereiten uns auf die Abreise am nächsten Tag vor. Das bequeme Bett im Hotel lässt uns schon drüber nachdenken, wie es sein wird, erst mal wieder auf dem Boden zu schlafen. Eigentlich haben wir darauf keine Lust. Keine Lust, Nudeln zu essen, im kalten Zelt zu schlafen, im Schlafsack eingemummelt zu liegen und die öffentlichen Waschräume zu nutzen. Doch was wäre die Alternative? Sollen wir einfach heim fahren und daheim rum hocken? Nein, das geht nicht. Wir können uns nicht selbst hängen lassen und auch wenn es schwer fällt, schieben wir uns auf das Rad und holpern los. Müde und wenig motiviert.

Sobald wir unterwegs sind, breitet sich wieder das Freiheits-Gefühl aus. Wir folgen dem Rhein nach Süd-Osten. Zunächst sind die Rapsfelder noch grün, bald stehen sie in voller Blüte. Wir fahren dem Frühling entgegen. Die Strecke bleibt überwiegend flach und wir fahren ca. 75 Km am Tag. Die Campingplätze in der Schweiz sind wie alles andere etwas teurer. Mit 36 Euro die Nacht können wir mit unserem Zelt übernachten. Dafür sind die Sanitäranlagen allerdings modern und sehr sauber. Unser Weg durch die Schweiz führt uns nördlich von Zürich und Bern vorbei zum Bieler See, von wo aus man einen wunderschönen Blick auf das Wasser und die hügeliger werdende Landschaft hat.

Haus am Bieler See

Fahrradtour nach Spanien: Dem Frühling entgegen

Allmählich hat man sich auch daran gewöhnt, das Zelt auf- und ab- zu bauen, an genug Wasser und Verpflegung zu denken und wir entwickeln eine Routine, die anfallenden Aufgaben wie Kochen, Abspülen und Zusammenpacken schneller zu erledigen.

Weite Rapsfelder begleiten uns. Dahinter ragen majestätisch die Berge empor. Die Fliederbäume nehmen langsam zu und auch die Straßenschilder sind auf Französisch beschriftet. Wir kommen durch die französische Schweiz – hier ist alles sehr malerisch und kleine Cafes mit Sonnenterrasse zieren den Straßenrand in den Dörfern.

Wir erreichen schließlich Genf, das am gleichnamigen See gelegen ist. Hier können wir bei einem Bekannten von Thomas übernachten. Kennen gelernt hat Thomas seinen Kumpel bei seiner Radtour nach China. Das Fahrrad, das dieser damals benutzt hatte, steht in der WG im Flur und bringt einen Hauch von Abenteuern und Radreisen in die Wohnung. Wir erreichen die Stadt viel früher als gedacht, weswegen wir noch ein Päuschen am See einlegen. Die farbenfrohen Häuser umrahmen das  Ufer und nicht weit davon entfernt ragen die majestätischen Berge empor. In Genf bleiben wir auch nur eine Nacht, da wir die Schweiz wieder verlassen wollen und den nächsten Ruhetag wird es erst in Lyon geben, was aber von hier aus nicht weit entfernt ist.

Berge am Genfer See

Fazit

Der Beginn unserer ersten gemeinsamen Fahrradtour gestaltet sich als unkomplizierter als gedacht. Dem Hintern und den Knien geht es gut. Es tut gut, unterwegs zu sein und sich nicht um viel kümmern zu müssen. Die Arbeit schwirrt mir noch einige Tage im Kopf herum, da man die meiste Zeit des Tages aber nur damit beschäftigt ist, die Umgebung zu bestaunen und ab und zu mal zu quatschen, hat man genug Zeit, um diese Gedanken durch zu kauen. Nach ein paar Tagen ist das Thema Arbeit größtenteils fertig gedacht und ich kann mir mehr Gedanken über mich selbst machen. Das einfache Leben unterwegs, in dem sich der Tag nur um die Strecke, Verpflegung und Schlafplatz dreht, gefällt mir und ich möchte mein Leben daheim nach unserer Rückkehr auch etwas aufräumen.

Im nächsten Teil des Berichtes geht es weiter nach Frankreich. Wir freuen uns darüber, wieder günstiger einkaufen zu können und auch das Französisch wieder aufzufrischen. Wir folgen dem Rhône-Radweg von Lyon nach Montpellier. Unterwegs entdecken wir ein mittelalterliches Städtchen, treffen einen fitten älteren Herren und haben das ein oder andere kulinarische Erlebnis.

Rapsfelder in der Schweiz mit den Alpen im Hintergrund

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